Wow, wie lange hatte ich das geplant? Ich glaube, ich habe sicherlich über ein Jahr darüber nachgedacht: Einfach mal den Hammer (bzw. die Tastatur) niederzulegen für ein paar Monate und nur mit dem Bike unterwegs zu sein… Die Idee geisterte schon ewig in meinem Hinterkopf und drängte immer weiter ins Bewusstsein.
Die Blog-Serie zum Bike-Sabbatical 2023:
- Bike-Sabbatical 1/8: Vom Krankenhaus in den Bikepark
- Bike-Sabbatical 2/8: Nur nicht aufgeben!
- Bike-Sabbatical 3/8: Verliebt in die Reiteralm-Tails
- Bike-Sabbatical 4/8: Große Sprünge in Schladming
- Bike-Sabbatical 5/8: Leogangs Singletrails
- Bike-Sabbatical 6/8: Endlich in Nauders
- Bike-Sabbatical 7/8: Tschoy Ride im Brandnertal
- Bike-Sabbatical 8/8: Konfrontations-Therapie Deluxe
Irgendwie ist man als Familienvater doch anders “programmiert” und es fällt schwer, die gewohnten Pfade zu verlassen. Aber irgendwann Anfang 2023 war organisatorisch das meiste in trockenen Tüchern.
Es war erstaunlich schwer, meinem Chef zu sagen: Ich bin dann mal weg. Für 2 Monate zusätzlich zum normalen Urlaub.
Zusätzlich kaufte ich mir im April eine GravityCard. So hat man das Bergbahn-Ticket für 28 Bikeparks – viele davon in Österreich – bereits in der Tasche und muss sich nicht mit Einzelpreisen der Lifte herumschlagen. Mit Anschaffungskosten von 599€ in 2023 lohnt sich das ganze aber auch erst, wenn man wirklich viel fährt – wie ich das ja auch vor hatte. Außerdem sollte so mein Planungsaufwand so gering wie möglich ausfallen. Und ich könnte möglichst flexibel auf das Wetter, meine Kraft und Laune reagieren. Damit war im Grunde alles geplant. Dachte ich.
Doch dann kam alles anders…
Zuerst einmal startete die Saison… irgendwie gar nicht. Denn es regnete und regnete und regnete. Es hörte gar nicht wieder auf. Die ersten Touren, die ich für das Thüringer Bike Abenteuer guidete, verschoben sich oder wurden gar nicht erst voll. Kaum jemand wollte so richtig raus. Erst Anfang Mai startete ich mein erstes Guiding – und legte mich prompt ab. Als Guide. Auf dem letzten Trail zum Biergarten. Worst case!

Die Gruppe war aber wirklich super und ich bin immer noch mega dankbar für die viele Unterstützung! Johannes brachte mich sogar noch in die Notaufnahme… und eigentlich hatte ich auch nur einen etwas tieferen Cut am Unterarm. Eigentlich! Denn erst fast 2 Wochen später (fachausdruck “zweizeitig”) bekam ich einen Milzriss. Mit inneren Organen kannte ich mich bis dahin aus wie ein Schuhverkäufer mit Fahrrädern: Absolut null. Doch soetwas kann schnell tödlich sein. Ich war beim Sturz über den Lenker gegangen und irgendwie blöd auf die linke Seite aufgeknallt… Tja, so schnell kommt man auf die Intensivstation.
Dank viiieeler Schutzengel (allen voran meine Frau und dem Team der Chirurgie 1 im Klinikum Weimar) lebe ich noch, musste nicht 6 Wochen völlig ruhig liegen bleiben (das ist eine mögliche Behandlungsweise!) und konnte nach 1,5 Wochen wieder nach Hause. Trotzdem war für viele Wochen Schonung angesagt und somit kein Sport möglich. Schon gar kein Biken. Natürlich war dann nach 2 Monaten jegliche Kondition abhanden gekommen…

Fitness, welche Fitness? Was mache ich bloß mit dem geplanten Sabbatical?
Aus einer inneren Eingebung heraus entschied ich mich, das Bike-Sabbatical trotzdem durchzuziehen. Dank der super Unterstützung meines Arbeitgebers war es unproblematisch, die eigentlich für Juni geplante Auszeit zu verschieben. Und so startete ich Anfang August 2023 – exakt am Tag meiner letzten geplanten Ultraschalluntersuchung – in Richtung Österreich.
Erste Station: Bikepark Kronplatz
Wetter-bedingt steuerte ich zuerst Südtirol bzw. den Bikepark Kronplatz an. Außer dem Bikepark Paganella war dies der einzige GravityCard-Park, bei dem es einigermaßen schönes Wetter hatte. Glücklicher Weise traf ich direkt bekannte Biker: Michael und Patrick lotsten mich den ersten Tag über fast alle Trails am Kronplatz. Ein wirklicher Mega-Park! Denn eigentlich ist es gar kein gewöhnlicher Bikerpark, das wurde mir aber erst viel später bewusst. Der Bikepark Kronplatz bietet viel mehr einen sehr guten Mix aus Singletrail- und Enduro-Strecken – und so manchen Monster-Anlieger-Trail wie den Siggi. Die Schwierigkeits-Einteilung in hauptsächlich rote und schwarze Trails ist dabei nicht untertrieben. Erst am Ende meines Trips wurde mir klar, dass der Bikepark Kronplatz einer der besten Parks für mich ist!

Was ich hier aber absolut nicht unterschlagen will: Ich hatte teilweise richtig Bammel, richtig Angst! Das kannte ich so nicht. Was sicherlich daran lag, dass ich auch noch nie so einen Sturz mit heftigen Folgen erlebt hatte. Ich kam anfangs überhaupt nicht in meinen Bikeflow! Die ersten Tage auf dem Bike fühlten sich wirklich gar nicht sicher und nur durch viel Überzeugungsarbeit von Michael und Patrick überhaupt irgendwie schön an… Aber mein Biker-Ego litt Höllenqualen.

Wo war mein Flow? Wo war meine Selbstsicherheit auf dem Bike?
Es hatten mir so viele gesagt: Das dauert. Und ich meine gar nicht den körperlichen Heilungsprozess. Bereits nach den ersten Erlebnissen auf dem Bike war ich drauf und dran, das Biken aufzugeben. Nach Hause zu fahren. Mich selbst maximal zu bemitleiden… Und das Thema Bike-Sabbatical als etwas völlig absurdes zu beerdigen. Wie so oft im Leben sind solche Momente aber absolut entscheidend und helfen einem, wichtigen Entwicklungsschritte zu gehen.
Was die Position der Bremshebel ausmacht
Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich extrem viel gelernt habe. Ich erinnere mich noch gut an einen Instagram-Post, in dem ich meinte, dass ich durch den Sturz vielleicht auch zu einem besseren Mountainbike-Coach werde. Nun, am Ende müssen das andere beurteilen. Aber ein Thema war tatsächlich am Anfang gravierend: Mein Cockpit und meine Bremsen. Beides war überhaupt nicht geeignet, einen wirklich steilen Park wie Kronplatz in Angriff zu nehmen. Hääää?! Werden jetzt vielleicht einige sagen, aber Du fährst doch schon so lange, Jonas!?!
Genau, ich fahre lange. Aber ich bin praktisch noch nie MTB gefahren, ohne durch mein Bodyweight-Training nach Marc Lauren auf hohem Niveau fit wie ein Turnschuh zu sein. Ich hatte über 2 Monate keinerlei Training machen können! Und das hatte u.a. die Auswirkung, dass ich mit deutlich geringerer Handkraft bremsen musste, als ich das gewohnt war.

Beide Zeigefinger taten mir nach kurzer Zeit weh – und nach einigen Abfahrten waren beide Finger so “zu”, dass ich die letzte Abfahrt nicht mehr mitmachen konnte.
Und natürlich bremste ich durch mein “Kopfkino” viel mehr als sonst. Ich fuhr extrem vorsichtig, stieg sogar mehrfach ab, um mir Stellen erstmal anzusehen. Und schob sogar einiges. Erst Tage später stellte ich fest, dass mein Cockpit nicht vernünftig eingestellt war. Die Bremshebel waren viel zu weit innenliegend, sodass ich mit meinen Zeigefingern wirklich nur auf dem absolut äußersten Teil des Bremshebels auflag. Und dadurch viel mehr Kraft zum Bremsen brauchte. Die Einstellung des Cockpits wird ab jetzt also ein noch wichtiger Teil meines Coachings werden. Ein völlig unterbewerteter Teil im Fahrtechniktraining!
Warum ich wirklich fast jeden Tag meinen Bike-Ständer aufgebaut habe und ich nach 3 Bike-Tagen fast wieder nach Hause gefahren wäre berichte ich im nächsten Post… .
